Southern Oregon
Southern Oregon

Southern Oregon

 

Zurück auf dem Trail geht’s weiter in Richtung Crater Lake. Ich bin super gespannt Crater Lake hoffentlich endlich zu sehen, aber erstmal gibt’s auf dem Weg dorthin einiges an Trail Magic. Wir bekommen an einem Campground Softdrinks und sogar das Highlight schlechthin, Wassermelone. Später gibt’s zum Glück von Trail Angels deponiertes Wasser an einem Feldweg. Ohne diese nette Geste müssten wir Wasser für über 50 km schleppen. Durch diese Hilfe ist die längste Strecke „nur“ 35 km – Danke! Am Abend teilen wir uns einen Camp-Spot mit Happydance und 2nd und würfeln eine Runde 10000 mit sehr interessanten extra Regeln.
Den nächsten Tag grinst mich durchgehend der super steile Mt. Thielsen an. Er ist zwar nicht Part des PCT, aber ich will da rauf! Da ich mit Matt jemanden gefunden habe, der genauso tickt und gerne Extras mitnimmt, geht’s rechtzeitig zum Sonnenuntergang auf diesen Berg. Auf dem Weg zum Gipfel kommt mir nochmal kurz in den Sinn wie gefährlich das ganze ohne Klettausrüstung ist, aber ich mag sowas eben. Nach einem extrem steilen Anstieg bouldern wir die letzten 30 Meter zum Gipfel – nur halt ohne die Matten. Ja Mama, ich passe auf! Den Sonnenuntergang schauen wir uns dann aber nicht vom Gipfel an, sonst wären wir im Dunkeln eher nicht herunter gekommen. Dafür gibt’s danach noch eine Nachtwanderung zu einem nicht existierenden Camp-Spot. Resultat: Wir suchen uns eine einigermaßen plane Fläche nahe des Trails.
Jetzt ist es endlich soweit: Heute erreichen wir Crater Lake! Ich bin aufgeregt und nerve Matt, der Crater Lake schon vor 2 Jahren gesehen hat, wie ein hibbeliges Kleinkind. Der letzte Tag hat jedoch Spuren hinterlassen. Matt hat beim Wandern durchgehend starke Rückenschmerzen und mein rechter Fuß würde sich gefühlt gerne von einer Sehne verabschieden. Also etwas langsamer als gewohnt kommen wir an meinem heiß ersehnten Ziel an. Und das Beste: Zu dem Zeitpunkt haben wir eine gute Sicht. Der Rauch hat sich für einen Moment frei genommen. Gefühlt tausende Fotos und ein paar km später sehen wir einen Ranger und müssen das erste Mal unser PCT permit vorzeigen. Natürlich gibt es noch Anweisungen über die Orte, an denen wir überall nicht zelten dürfen. Überraschung: Der gesamte Crater Lake. Wir haben vor den Sonnenuntergang am See zu sehen und bereiten uns auf eine interessante Nacht vor. Man könnte ja nach dem Sonnenuntergang stealth Campen und dann auch gleich noch den Sonnenaufgang sehen – natürlich nur so eine Überlegung. Nach dem Sonnenaufgang geht’s nach Mazama Village für unser Resupply und eine kleine Auszeit.
Matt hat jedoch auch nach einem halben Tag Pause noch immer starke Rückenschmerzen. Aus dem Grund entscheidet er sich dazu die Strecke nach Ashland zu überspringen und sich dort ein paar Tage, bis ich dort ankomme, auszuruhen. Er ist die Strecke 2019 bereits gewandert und von der eintönigen Natur nicht besonders angetan. Also starte ich das erste Mal alleine auf den Trail.
Was daraus wohl wird… Da ich alleine natürlich auf komische Gedanken komme und ohne Gegenspieler auch durchziehe, wird das eine kurze 165 km Strecke. Am ersten Tag überlege ich mir, dass es Zeit für die so genannte 24 Stunden Challenge ist. Das heißt einfach nur, dass man in 24 Stunden versucht so viel Strecke wie möglich zu wandern. Also in Klartext: Den Körper sportlich über die Grenzen pushen und das für einen gesamten Tag. Vorbereitend mache ich an dem ersten Tag nur etwa 35 km und Ruhe mich den gesamten Nachmittag aus. Ich lasse bewusst eine Strecke von etwa 130 km, also einen Triple Marathon, übrig, damit ich genug Spielraum für die Challenge habe. Am nächsten Morgen um 7 Uhr geht’s los. Da ich versuchen möchte die ganze Strecke zu laufen, setze ich mein Tempo von Anfang an auf 6-7 km/h. Mit einem Durchschnitt von etwa 5,5 km/h würde ich mein Ziel erreichen, aber ich bin mir sicher, dass die Geschwindigkeit mit der Zeit nachlässt. Achja… das macht mir im Nachhinein nur teilweise Spaß, aber dazu später mehr. Nach den ersten dreieinhalb Stunden bin ich super in der Zeit und es gibt 20 Minuten Pause an der ersten Wasserstelle. Auch nach 14 Stunden läuft noch alles nach Plan. Die Beine werden langsam müde, aber die Hälfte ist geschafft und für die verbleibenden 10 Stunden in der Dunkelheit brauche ich für nur einen Durchschnitt von knapp 5 km/h. Easy, dachte ich. Doch mit der Dunkelheit sinkt jede Menge Rauch auf den Trail. Schon nach wenigen Minuten dankt der Körper ab. Schweres Atmen, Husten, Kopfschmerzen, Schwindel und die schlechte Sicht in der Nacht erschweren das wandern für die restlichen 10 Stunden. Der Körper zeigt mir, dass er am Ende ist. Vernünftig wie ich bin, geht’s natürlich weiter. Ehrlich gesagt war der Gedanke: Ich hab den Mist jetzt 14 Stunden in der Hitze durchgezogen und bereits über 80 km auf der Uhr – das tue ich mir nicht nochmal an. Das Resultat ist eine Pause nach allen 5 km, damit sich der Puls und die Muskeln etwas beruhigen können. Nach etwa 17 Stunden verbaue ich mir dann die Möglichkeit die gesamte Strecke zu schaffen. Ich bin beim Wasser filtern eingeschlafen und werde etwa eine Stunde später von Ameisen wieder aufgeweckt. Resultat: Nach 24 Stunden sitze ich mit Ganzkörper-Krämpfen und völlig übermüdet am Trail und sehr die Sonne aufgehen. Da ich nur etwa 120 km geschafft habe, geht’s jedoch noch zwei Stunden weiter. Ich will den nächsten Tag sowas von in einem Bett verbringen. Dennoch bin ich glücklich, dass ich die Challenge hinter mir habe. Ich wusste, dass ich sie irgendwann machen würde.
Doch so schön dieser Tag auch war, jetzt geht’s leider wieder um das Feuer Problem unserer nächsten Section. Der PCT in Nord Kalifornien ist mittlerweile auf über 600 km Strecke wegen der Waldbrände und dem Rauch gesperrt. Einige wandern alternativ den Oregon Coast Trail, andere skippen Nord Kalifornien komplett und wieder andere planen im Anschluss an den PCT den Arizona Trail zu wandern. Matt und ich werden uns in den kommenden Tagen überlegen wie unsere Reise weiter geht.

5

3 Kommentare

  1. Benedikt Julianus von Hartebeken

    Ich finde es vortrefflich, dass du deine hochkarätige Schulbildung an der KGS nicht vergessen hast und uns mit dieser Hommage an die Rückenportraits eines Caspar David Friedrichs den Tag versüßt. Wer fühlt sich nicht an „Der Wanderer über dem Nebelmeer“ oder „Die Kreidefelsen von Rügen“ erinnert? Bravo!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert