Nach ein paar interessanten Stunden und einem schnellen Resupply an der Kracker Barrel Tankstelle in White Pass geht’s in Richtung Goat Rock Wilderness. Dort erleben wir einige der schönsten und atemberaubendsten Aussichten des gesamten PCT! Matt und ich klettern auf den Hawk Back und Trinken mit bester Aussicht vor Mount Rainer ein Rainier Bier. Einige Stunden später wartet die knifes edge. Unglaublich schön! Da wir unsere Zelte zusätzlich hoch in den felsigen Bergen aufschlagen, haben wir die erste Nacht auf den Trail komplett ohne Insekten. Der kleine, aber im Vergleich sehr viel bessere Beigeschmack: Die Zelte sind am nächsten Morgen eingefroren. Die Schuhe im Vorzelt sind zum Glück nur leicht angefroren und so kann es weitergehen. Das Zelt wird in der Mittagspause bei 35°C aufgetaut und getrocknet.
Am folgenden Tag bin ich schon um 15 Uhr nach etwa 48 km am vereinbarten Camp-Spot. Zelt aufstellen, Mittagessen und dann nach einem Eisbad im durch Lava Gestein gefiltertem Gletscherwasser wird einige Stunden entspannt und auf die anderen gewartet. Abends gibt’s natürlich noch ein leckeres, warmes Essen zusammen mit der Gruppe. Ein paar Nobos kommen am späten Abend an unserem Camp-Spot an und wir tauschen interessante Informationen über den Trail aus. Matt und ich starten um 4 Uhr am nächsten Morgen um den Sonnenaufgang an einem Aussichtspunkt zu sehen und kommen rechtzeitig zum Mittagessen in einem kleinen Bergdorf, Trout Lake, an. Später treffen wir dort auf den Rest der Gruppe und eine Freundin von Jared, die uns eine Unterkunft für die Nacht und Abendessen anbietet. Wir nehmen natürlich dankend an. Nochmal vielen Dank, der Abend war unvergesslich! Während wir uns auf der Terrasse entspannt haben, wurden wir mit selbst gebackenen Keksen, kleinen Vorspeisen vom Grill und Bier verwöhnt. Später gab’s dann ein komplettes BBQ mit diversen frischen Salaten. Und weil das noch nicht genug war gab’s noch einen Nachtisch aus selbst gemachtem Pfirsich-Eis und Schokoladenkuchen. Achja und es gab noch mehr Luxus: Duschen, Wäsche waschen und Schlafen in einem Bett!
Nebenbei hören wir noch die Informationen, dass Timothy Olson die FKT (fastest known time) aufgestellt hat. Er ist uns vor etwa einer Woche auf dem Trail entgegen genommen und den gesamten PCT man eben in 51 Tagen gelaufen. Das heißt er lief für 51 Tage im Schnitt jeden Tag einen doppelten Marathon durch die Berge. Das ist doll!
Für uns geht’s wieder auf den Trail. Geplant sind 3,5 Tage bis Cascade Locks. Doch schon am ersten Camp-Spot traue ich meinen Augen nicht: Wir sind am Ende 14 Personen. Das kommt hauptsächlich dadurch, dass eine zweite Gruppe SOBOs zu und aufgeschlossen hat, da viele keinen Zwischenstopp in Trout Lake machen. Da jedoch aktuell alle SOBOs in unserem Umfeld etwa die gleiche Anzahl an km machen, werden wir dieses Problem die nächsten Tage auch haben. Definitiv nicht mein Ding! Aus diesem Grund und weil ich einfach mal schauen will, was der Körper aktuell her gibt, starte ich wieder um 5:20 Uhr und versuche mich etwas zu pushen. Wir sind zwar noch in Washington, aber die vor mir liegende Strecke ist ein riesiges Waldgebiet in den Bergen ohne schöne Aussichten. Um etwa 13 Uhr und nach 42 km bin ich an dem vereinbarten Camp-Spot und entscheide mich dafür bis zum Sonnenuntergang um 21 Uhr weiter zu laufen. Der Nachmittag wird jedoch deutlich anstrengender. Bei knapp unter 37 °C geht’s im Schatten der Bäume die Berge hoch und runter. Achja, sogar das macht mir Spaß! Mich selbst quälen und über die Grenzen gehen – genau meins! Gegen 19 Uhr merke ich jedoch das erste Mal, dass meine Beine kein Bock mehr haben. Bei dem Versuch um einen umgestürzten Baum herum zu klettern, kann ich das Gewicht kaum noch auf dem einen Bein halten und alle Muskeln fangen an zu zittern. Trotz mindestens 8 Liter Wasser merke ich dann um 21 Uhr beim Abendessen, dass ich dehydriert bin. Es kommt der Gedanke, noch ein paar km weiter zu einem größeren Fluss durch die Nacht zu wandern um dort zu Campen – Nope! Der Gedanke wird unterbrochen und verworfen als ich mehrere Wölfe in der näheren Umgebung heulen höre. Also wird das Zelt nach 80 km und etwa 5500 hm aufgebaut.
Zu dem Zeitpunkt dachte ich, das sei der harte Part. Wieder falsch: Die verbleibenden 35 km mit bewegungsunfähigen Muskeln am nächsten Tag sind die eigentliche Herausforderung. Ich brauche fast die gleiche Zeit für diese Strecke. Zur Belohnung gibt’s aber zwei km vor Cascade Locks über einer Strecke von mindestens einem km tausende Brombeeren. Beim Versuch all diese Brombeeren zu vernichten treffe ich Grace, einen anderen SOBO. Und dann wird’s spannend: Wir überqueren die Bridge of the Gods zu Fuß und schließen damit denn PCT in Washington ab. Jetzt geht’s weiter in Oregon mit einem Ausblick auf zahlreiche zu umgehende Waldbrände.
Glückwunsch zu den 80 km! Starke Leistung.
Versuchen die Trailrunner eigentlich noch weniger Gepäck als Du zu haben oder wie machen die das?
Macht dich das jetzt selber zu so ’ner Art Gott, wo du schon deren Brücke überquert hast?