High Sierra
High Sierra

High Sierra

 

Matt und ich verlassen Mammoth Lakes zu zweit, da die Anderen noch eine Nacht in der Touristenstadt verbringen wollen. Das stellt sich jedoch leider im Nachhinein als ein großer Fehler heraus. Abends auf dem Weg zurück zum Trail am Red’s Meadows Trailhead mit drei verschiedenen Bussen erfahren wir, dass in Kalifornien alle National Forests gesperrt werden sollen. Und das schon am nächsten Morgen um 8 Uhr für mindestens 17 Tage – Das ist für viele das Ende des PCT-Abenteuers!
Ich bin fest entschlossen mindestens bis zu Mt. Whitney zu gehen. Das Highlight des gesamten Trails für die meisten Thru hiker! Matt schließt sich dem an, da er dann in Verbindung mit 2019 den gesamten PCT gelaufen ist. Damit haben wir jedoch ein paar Probleme zu bewältigen: Die Strecke ist knapp 250 km lang bis zum Gipfel von Mt. Whitney und das in dem für Viele schönsten Abschnitt des PCT mit den meisten Höhenmetern. Da wir nicht geplant haben ansatzweise so weit zu gehen, haben wir essen für 5 Tage dabei – Uff! Das bringt uns also in die Situation im Hochgebirge knapp 50 km jeden Tag mit Gebirgspässen von bis zu 4000 m Höhe zu machen – Klasse! Und nebenbei natürlich noch vor den Park-Rangern verstecken – klar! Das klingt doch nach einer neuen Herausforderung! Und dabei das wichtigste nicht vergessen: Die Natur genießen! Als kurze Einschätzung: Die NOBOs haben zu diesem Zeitpunkt mit der Wüste etwa 1000 km auf dem PCT gemacht und die meisten gehen in diesem Abschnitt zwischen 15 und 20 km pro Tag.
Am nächsten Morgen geht’s also gegen 5:30 Uhr auf zum ersten Pass, dem Silver Pass mit 3286 m Höhe. Die Aussicht ist einfach wunderschön! Bergseen in allen Richtungen umgeben von nackten Felswänden. Nach knapp 50 km kommen wir im Dunkeln völlig erschöpft und hungrig am Camp-Spot an. Nach ein paar Snacks geht’s nur noch in den Schlafsack. Das Zelt wird nicht aufgebaut. Ich habe beim Einschlafen das Gefühl, dass der Körper das dieses Mal nicht so einfach wegstecken wird und mache mir Sorgen, ob ich es bis zum Ziel schaffen kann.
Kurz nach dem Start hält der nächste Morgen die erste Überraschung bereit. Im Halbschlaf hören wir laute Geräusche auf dem Trail, können aber im ersten Moment trotz Kopflampen im Dunkeln Nichts erkennen. Dann sehen wir plötzlich etwas großes auf dem Trail auf und zukommen und weichen zur Seite: Etwa 15 Pferde laufen im stockdunklen mit einem guten Tempo an uns vorbei. Kurze Zeit später treffen wir zwei Reiter, die sich über die Informationen zu deren Pferden freuen und uns in deren Camp ein paar km weiter einladen. Die Einladung nehmen wir natürlich dankend an! Zu unserer Überraschung bekommen wir zusätzlich zu einem warmen Getränk jeweils zwei Sandwiches mit Eiern, Bacon und Käse gezaubert. Das ist Trail Magic wie sie im Buche steht und kommt genau zur richtigen Zeit! Gestärkt geht’s auf zum Selden Pass mit 3328 m Höhe. Die Aussicht ist wieder wie gemalt! Auf dem Weg runter debattieren wir, ob ein Stop an der Muir Trail Ranch sinnvoll sein würde. Auf der einen Seite ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass dort ein Ranger ist, aber auf der anderen Seite könnten wir dort Essen bekommen. Die Muir Trail Ranch ist nur über den Trail erreichbar, aber viele John Muir Trail hiker lassen sich dort per Pferd ihr Resupply hinbringen. Alles, was nicht mit in den Rucksack kommt, landet in der hiker box zur freien Verfügung für andere hiker wie uns. Wir gehen das Risiko ein und trauen unseren Augen nicht: In der hiker Box finden wir Essen für locker 15 Tage. Wir stocken unser Essen jeweils auf 9 Tage auf. Danke! Damit ist das erste Problem gelöst und wir planen nach Mt Whitney bis Kennedy Meadows South weiter zu gehen. Dieser Ort beschreibt den Übergang von der High Sierra zur Wüste. Auch unser zweites großes Problem soll noch am gleichen Tag gelöst werden: Nicht weit von einer Ranger Station finden wir einen Aushang. Dieser besagt, dass jeder hiker mit gültigem Permit von vor dem 31.08. innerhalb eines National Forests bis zu seinem Ziel weiter wandern, aber den Forest anschließend nicht erneut betreten darf. Wir haben also freie Bahn – perfekt!
Wir schrauben die täglichen km auf 40 runter und machen mit dem Muir Pass einen der bisher schönsten Berg-Pässe. Darauf folgenden mit dem Mather Pass und Pinchot Pass gleich zwei steile Anstiege. Auf den Weg zum Camp-Spot darf ich einem Ranger mein Permit zeigen und hole mir noch einmal die Bestätigung, dass wir hier aktuell ganz legal unterwegs sind. Anschließend sagen uns Rehe und Marmots noch gute Nacht. Vor dem Aufstieg zum Glen Pass mit 3642 m Höhe gibt’s noch ein eiskaltes Bad in den Rae Lakes. Und nach dieser Grad-Wanderung gibt’s mit dem Forster Pass mit 4000 m Höhe nur noch einen Pass auf der langen Liste zu bewundern. Der Anstieg ist im Vergleich zu dem Vorgänger überraschend einfach. Was mich dann etwas überrascht: Die Landschaft ändert sich schlagartig und man merkt, dass wir mittlerweile nahe an der Wüste sind.
Und dann kommt mein Highlight: Mt Whitney! Der Plan ist den höchsten kontinentalen Berg der USA um 1 Uhr nachts anzufangen zu besteigen, damit wir rechtzeitig zum Sonnenaufgang auf den Gipfel sind. Das Beste: Der Plan geht auf und niemand stürzt ab! Auf den Weg zurück ist es interessant die spektakuläre Landschaft bei Tageslicht sehen zu können. Am Fuß des Berges sehen wir zur Mittagszeit noch ein paar Kojoten vorbei huschen und dann fallen die Augen an einem Fluss zu. Es ist Zeit für eine Pause nach den 12 Stunden hoch und runter Klettern.
Die nächsten beiden Tage geht’s unter wüstenähnlichen Bedingungen nach Kennedy Meadows South. Dort warten Burger, kalte Getränke und Eis auf uns.

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